Laien-Linguistik.
Studien zu Sprach- und Kommunikationsproblemen im Alltag. Am Beispiel von Sprachratgebern und Kommunikationstrainungs. 

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Vorwort

Die Professionalisierung der Linguistik pflegt sprachwissenschaftliche Laien und Liebhaber nach wie vor zu verwirren. Ausdruck findet dies in einer fast unüberbrückbar scheinenden Kluft zwischen linguistischen Laien und Experten, zwischen der alltagsweltlichen Thematisierung von Sprache und Kommunikation auf der einen und der wissenschaftlichen Analyse dieser Gegenstände auf der anderen Seite.


Auf diesem Hintergrund geht es in dieser Arbeit um drei Fragenkomplexe:

  1. Was interessiert die Öffentlichkeit an Sprache und Kommunikation? Welchen Stellenwert haben dabei Sprachratgeber, Wörterbücher, Gebrauchsgrammatiken und -rhetoriken, also jene Publikationen, die hier als „Laien-Linguistik" expliziert werden sollen? Warum gibt es offenkundig in allen ausdifferenzierten Sprachgemeinschaften solche Formen der „Laien-Linguistik" - und dies, obwohl doch der „native speaker" über eine „linguistische Kompetenz", also über umfängliches und verläßliches sprachliches Wissen verfügen soll?
  2. Wie ist das sich in der „Laien-Linguistik" manifestierende alltagsweltliche Interesse an Sprach- und Kommunikationsthematisierungen aus der Sicht der Linguistik einzuordnen und zu bewerten?
  3. Gibt es hinsichtlich der thematisierten Gegenstände (noch) Konvergenzen, gar Berührungspunkte zwischen Alltagswelt und Wissenschaft, insbesondere zwischen Laien und Experten, oder hat die Professionalisierung der Linguistik bereits einen Grad erreicht, der einen Brückenschlag bestenfalls als „Nostalgie" erscheinen läßt?

Alle drei Fragen problematisieren die gängige These von der „Verwissenschaftlichung der Alltagswelt". Gilt sie auch für das Verhältnis von Laien und Linguisten? Oder hat sich die alltagsweltliche Thematisierung von Sprache und Kommunikation in der „Laien-Linguistik" womöglich ihrerseits so weit von der Wissenschaft verselbständigt, daß Fragestellungen und Ergebnisse der „Linguistik" von der Öffentlichkeit nur noch - wenn überhaupt - unter dem Gestus einer trotzigen Rezeptionsverweigerung wahrgenommen werden?


Diese Studie schließt an soziologische Untersuchungen zu „naiven", „subjektiven" und „Laien-Theorien" an. Die Arbeit geht zwar von der Beschreibung des sozialpsychologisch wie soziolinguistisch relevanten Phänomens der Laien-Linguistik aus, versucht aber auch die sprachtheoretischen und kognitionslinguistischen Ursachen der Ausbildung einer „Laien-Linguistik" aufzuzeigen. [...]


Fernziel ist die Grundlegung einer angewandten Linguistik, die bei der Wahl ihrer Gegenstände von Bedürfnissen und Problemen der Öffentlichkeit ausgeht und sprachlich-kommunikative Wissens- und Fertigkeitsdefizienzen sowie Optimierungsmöglichkeiten im Kontext einer Theorie der (produktiven wie rezeptiven) Sprachverarbeitung theoretisch zu erklären versucht. [...]


Gewidmet ist dieses Buch meinen „Frauen": Margret, Dorothée, Carolin und Susanne.
Halle und Erlangen, Weihnachten 1995

(teilweise gekürzt)

Antos, Gerd (1996): Laien-Linguistik: Studien zu Sprach- und Kommunikationsproblemen im Alltag; am Beispiel von Sprachratgebern und Kommunikationstrainings. Tübingen: Niemeyer [Reihe Germanistische Linguistik; 146].

 

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